CSD Schmuck Lettow kainkollektiv

Christoph-Schlingensief-Dozentur
Wintersemester 2020/21

Mirjam Schmuck und Fabian Lettow / kainkollektiv

Foto: Fabian Lettow, Mirjam Schmuck / kainkollektiv
Foto: Fabian Lettow, Mirjam Schmuck / kainkollektiv

Das international arbeitende Künstler-Team kainkollektiv, das im Kern aus Mirjam Schmuck und Fabian Lettow besteht, arbeitet seit 2004 in unterschiedlichen Kollaborationen an theatralen Partituren zwischen Theater, Installation und Performance. Diese Kollaborationen, von NRW aus bis nach Polen, Kroatien oder Kamerun, sind einem Theater der Zeit-Genossenschaft verschrieben. Die Arbeit in internationalen (Ko-)Produktionen – den musiktheatralen, doku-fiktionalen Globe Operas, einem von kainkollektiv erfundenen, auf ausgiebigen Recherchen basierenden Performance-Format – ist zentraler Bestandteil der Arbeitsweise. Für seine Theaterarbeit, insbesondere in NRW, wird das kainkollektiv seit 2012 kontinuierlich mit der Spitzenförderung Theater NRW durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Außerdem erhielt es für die Jahre 2015-2017 die Konzeptionsförderung des Fonds Darstellende Künste. Das kainkollektiv wurde 2015 mit dem George Tabori Nachwuchsförderpreis ausgezeichnet. Die deutsch-kamerunische Produktion Fin de Mission von kainkollektiv und dem kamerunischen Othni über das "Gedächtnis der Sklaverei" wurde 2017 im Rahmen der internationalen Plattform "shifting perspectives" des Goethe Instituts zum Berliner Theatertreffen, zum IETM Festival nach München und zum MESS Festival in Sarajevo eingeladen. Außerdem waren sie seit 2008 regelmäßig mit einer Produktion beim Favoriten Festival in Dortmund zu Gast. Gemeinsam mit dem Jungen Theater in Bremen erhielten sie für die Globe Opera-Reihe "Of Coming Tales" eine Förderung im Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes. 2020 arbeiteten sie an dem Projekt "Ist das ein Mensch" mit einem Team aus Kamerun, Madagaskar, Kongo und Deutschland im Rahmen der TURN Förderung der Kulturstiftung des Bundes zusammen. Im Juni 2020 hatten sie Premiere mit ihrem online Stück "Gaia-Projekt" in Kooperation mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Zuletzt feierten sie mit einer analog-digitalen Version von "Ist das ein Mensch" Premiere, das aufgrund von Corona verschoben und neu konzipiert werden musste.

Text: kainkollektiv

Theorie- und Praxis-Seminar:
Theater des Glokalen
Über (Medien-)Theater und (Post-)Kolonialismus in der (viralen) Globalisierung

Workshop/Try out zur Tanz-Performance "Ist das ein Mensch? / Est-ce Un Humain? / Is This A Human?" (2021) von kainkollektiv, Zora Snake und Njara Rasolomanana in Antananarivo, Madagaskar 2019. Foto: Michael Wolke
Workshop/Try out zur Tanz-Performance "Ist das ein Mensch? / Est-ce Un Humain? / Is This A Human?" (2021) von kainkollektiv, Zora Snake und Njara Rasolomanana in Antananarivo, Madagaskar 2019. Foto: Michael Wolke

Aktuell ist die Dualität der "glokalen Lage", in der sich die Welt heute befindet, mit Händen zu greifen. Während die Corona-Pandemie den gesamten Globus überzieht, wirft sie die Einzelnen auf die jeweiligen Orte zurück, an denen diese sich gerade befinden. Im Lockdown wird das Lokale, das von einer globalen Krise ausgelöst wurde, zu einer völlig neuen Erfahrung: der Erfahrung, dass sich das Globale der Weltgesellschaft und das Lokale einer je spezifischen Existenz unauflöslich miteinander verbinden. Indes ist diese Erfahrung im Kern eine alte, denn sie rekurriert auf das Erbe der (europäischen) Kolonialisierung der Welt. Dieses Erbe scheint aktuell Europa in dramatischer Weise einzuholen und heimzusuchen. Doch während dieses "weltweite Drama" dafür sorgt, dass hier (wie anderswo) die Theater schließen, das Reisen weitgehend eingestellt ist und sich alle in ihren Wohnungen verbarrikadieren, um mit der viralen Welt nur noch über die digitalen Endgeräte verbunden zu bleiben, stellt sich die Frage nach dem Zusammenleben auf dem Globus noch einmal ganz neu und dringlich. Und mit ihr nicht zuletzt auch die Frage, wie und zu was heute überhaupt noch Kunst/Theater zu machen wäre.

Das Performance-Kollektiv kainkollektiv arbeitet in seinen internationalen Theaterproduktionen (die bis nach Polen, Kroatien, Kamerun oder Madagaskar führen) seit Jahren intensiv an dem Verhältnis von Lokalität und Globalität, etwa in ihrer "Globe Opera" Performance Serie, sowie an Fragen von Postkolonialismus, Afrofuturismus oder auch an der Relation von Kunst- und Sorgepraktiken. Zugleich sind kainkollektivs Arbeiten durch ein hohes Maß an Intermedialität gekennzeichnet, das von Film bis Oper, von Audiowalk über Rauminstallationen bis zu Online-Performances reicht. In diesem Seminar im Rahmen der Christoph Schlingensief Dozentur stellt kainkollektiv seine Arbeit vor und zur Diskussion, um von hier aus die Studierenden dazu einzuladen, in einen zugleich theoretischen wie praxisbezogenen Diskurs miteinander zu kommen, wie sich angesichts der Krise des Sozialen, der Kunst und ihrer Institutionen weiterhin oder auch anderweitig als bisher (Medien-)Theater machen ließe und zu welchem Ende überhaupt. Dabei will kainkollektiv im Sinne der Szenischen Forschung das Seminar an seinen eigenen aktuellen Versuchen, die Potentiale eines digitalen Online-Theaters zu erforschen, teilhaben lassen: von Schnittprogrammen für Smartphone-Videos bis zur Idee eines analog-digitalen Liveschnitts/Livestreams. Wie können wir unter Lockdown-Bedingungen, gewissermaßen aus unseren eigenen Homezones heraus weiter kritische, zeitgenössische Kunst produzieren? Und für wen oder was überhaupt? Um welche Welt sorgt sich die Kunst, die dabei entsteht? Und um welche Kunst sorgt sich die Welt (oder auch nicht…)?

Die praktischen, ästhetischen und medialen Suchbewegungen stehen in kainkollektivs Arbeiten stets im Kontext solch politischer, sozialer und historischer Fragestellungen, welche das Seminar gemeinsam in Zoom-Konferenzen verhandeln und daran anschließend praktisch verarbeiten wird. Was dabei das genaue gemeinsame (oder auch je singuläre) Ziel ist, wird Interessens- und Aushandlungssache der am Seminar Teilnehmenden sein und in den ersten Sitzungen zusammen festgelegt.

Kainkollektiv sind im Kern die Regisseurin und Musikerin Mirjam Schmuck und der Regisseur und Autor Fabian Lettow. Beide leben in Bochum, haben an der Ruhr-Universität u.a. Theaterwissenschaft studiert und entwickeln ihre Projekte von NRW aus in nationalen und internationalen Kooperationen und Netzwerken. Für seine Arbeit wurde und wird kainkollektiv seit 2012 durch das Ministerium für Kunst und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen kontinuierlich mit der Spitzenförderung Theater ausgezeichnet. 2015 erhielt kainkollektiv den Tabori Nachwuchspreis, die durch den Fonds Darstellende Künste vergebene höchste Theaterauszeichnung in der deutschsprachigen Freien Theater- und Performance-Szene.

Text: RUB, Szenische Forschung

Performing Arts

Wir fördern die Realisierung herausragender Produktionen und Diskursformate, internationale Kooperationen und Publikationen. Produktionshäuser, die sich als impulsgebende Zentren für ästhetische und gegenwartskritische Fragestellungen positionieren, unterstützen wir ebenso wie die Arbeit wegweisender Festivals.

Um der weitverzweigten künstlerischen Praxis im Feld der Performing Arts ein Forum zu geben, Weiterqualifizierung und Forschung zu ermöglichen, fördern wir transdisziplinäre Arbeitsformen, Netzwerke und Diskurse ebenso wie Residenzen und Freiräume für Theorie und Reflexion, so zum Beispiel durch die Vergabe von Recherchestipendien sowie Stipendien zur künstlerischen Forschung.

Im Sinne einer nachhaltigen Förderpolitik entwickeln wir gemeinsam mit zukunftsweisenden Institutionen und Kunstschaffenden signifikante mehrjährige Förderperspektiven.

Ein künstlerischer Beirat begleitet die Entscheidungsprozesse und Diskurse in den Performing Arts. In den Sitzungen werden virulente Themen, zukünftige Förderpolitiken, kulturpolitische, ästhetische und strukturelle Fragen im Kontext aktueller wie langfristiger Entwicklungen diskutiert.

  • Förderung
    • Allgemeine Vorhaben
    • Stipendien
    • Residenzen
      • Atelier Galata, Istanbul

        Die Kunststiftung NRW vergibt ein Residenzstipendium im Bereich Performing Arts in Istanbul.

        Ziel des Stipendiums ist es, die Kunstszene vor Ort kennenzulernen, Kontakte zu knüpfen, transdisziplinäre Arbeitsmethoden zu erproben, Ideen auszutauschen und diese Impulse nach der Rückkehr in die jeweiligen Arbeitskontexte in Nordrhein-Westfalen einzubringen. Die Ausschreibung ist nicht alterslimitiert. Sie richtet sich an professionelle Tanz- und Theaterschaffende mit Lebensmittelpunkt in Nordrhein-Westfalen, die bereits öffentliche Anerkennung erfahren haben.
         

    • Künstlerischer Beirat
      2022-2023

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  • Förderbeispiele
    • Special
      Hofmann&Lindholm
      Tabori-Preisträger:innen 2023

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    • asphalt Festival
      Sommerfestival der Künste
      Düsseldorf
      16. Juni bis 2. Juli 2023

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    • Pina Bausch Professur
      Folkwang Universität der Künste, Essen
      Marina Abramović
      Wintersemester 2022/23

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    • Rimini Protokoll
      16 Szenen für einen Wald
      2. September bis 9. Oktober 2022
      Burg Hülshoff – Center for Literature
      Havixbeck

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    • Publikationen

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    • Kunststiftung NRW & Pina Bausch Foundation Wuppertal

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    • DANCING PINA
      Dokumentarfilm
      Florian Heinzen-Ziob
      Internationale Premiere 24. Juni auf dem Sheffield DocFest
      Kinostart: 13. September 2022

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    • Richard Siegal
      Ballet of Difference (BOD)
      XERROX VOL. 2
      Uraufführung 20. Mai 2022
      Schauspiel Köln

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    • Impulse Theater Festival
      9. bis 19. Juni 2022
      Mülheim an der Ruhr, Köln, Düsseldorf

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    • Moovy Tanzfilmfestival
      22. bis 24. April 2022
      Köln

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    • Neue Kunsträume für Performing Arts in NRW

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    • Romeo Castellucci
      Pavane für Prometheus
      Beethovenfest Bonn 2021

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  • Stiftungsinitiativen

    • Christoph-Schlingensief-Gastprofessur

      Die Kunststiftung NRW initiierte 2015 eine Gastprofessur für den Masterstudiengang Szenische Forschung an der Ruhr-Universität Bochum, die es ermöglicht, international renommierte Künstler:innen und Kollektive einzuladen, um hier mit den Studierenden an aktuellen Fragestellungen der darstellenden Künste zu arbeiten.

      Auf diese Weise verbinden sich Forschung und Vermittlung von theoretischen und angewandten Kompetenzen mit dem Ziel, den künstlerischen Nachwuchs in NRW durch externe Exzellenz professionell zu unterstützen. Christoph Schlingensief als Namensgeber verweist auf die ästhetische und künstlerische Diversität der Professur – sie ist spartenübergreifend und experimentell konzipiert.

      Bewerbungen:
      https://szenische-forschung.blogs.ruhr-uni-bochum.de/christoph-schlingensief-gastprofessur/
       

    • Christoph-Schlingensief-Dozentur

      Seit dem WS 2018/19 vergibt die Kunststiftung NRW gemeinsam mit dem Masterstudiengang Szenische Forschung an der Ruhr-Universität Bochum kontinuierlich und spartenübergreifend eine einsemestrige Dozentur an herausragende, in Nordrhein-Westfalen beheimatete Künstler:innen.

      In mehreren, thematisch unterschiedlichen Blöcken arbeiten sie mit den Studierenden sowohl praktisch als auch theoretisch. Ausgangspunkt soll die jeweilige Ästhetik und Methodik der eingeladenen Künstler:innen und deren berufliche Erfahrungen im Kontext der Gegenwartskünste sein.

      Bewerbungen:
      https://szenische-forschung.blogs.ruhr-uni-bochum.de/christoph-schlingensief-dozentur/
       

    • Christoph-Schlingensief-Fellowship

      Seit 2020 vergibt die Kunststiftung NRW gemeinsam mit dem Masterstudiengang Szenische Forschung an der Ruhr-Universität Bochum Stipendien an Absolvent:innen.

      Das Christoph-Schlingensief-Fellowship soll Stipendiat:innen in der Phase nach dem Studienabschluss ermöglichen, künstlerisch-forschende Arbeitsweisen und Methoden produktionsunabhängig auszubauen, sich weiterzubilden, die Funktionsweisen des Marktes kritisch zu reflektieren und Kontakte zu relevanten Fachleuten oder Institutionen zu knüpfen bzw. zu intensivieren.
      Die Aufnahme ins Programm des Christoph-Schlingensief-Fellowships ist ausdrücklich nicht an die Durchführung künstlerischer Produktionen gebunden; vielmehr sollen tendenziell ergebnisoffene Projekte, die den Übergang vom Studium in die Professionalität erleichtern, gefördert werden.

      Aktuell keine Ausschreibung

      • Marcel Nascimento
        Hiraeth Kollektiv
        Christoph-Schlingensief-Fellowship 2022/23

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      • Miriam Michel, Anna Júlia Amaral und Kollektiv ZOO
        Christoph-Schlingensief-Fellowship 2021/22

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      • Philipp Blömeke, Judith Philippa Franke und MFK Bochum
        Christoph-Schlingensief-Fellowship 2020

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    • Pina Bausch Fellowship for Dance and Choreography

      Die Kunststiftung NRW konzipierte gemeinsam mit der Pina Bausch Foundation das internationale Pina Bausch Fellowship for Dance and Choreography, das seit 2016 vergeben und international ausgeschrieben wird.

      Das Fellowship ermöglicht Tänzer:innen und Choreograf:innen weltweit, als Mitglied auf Zeit in einem Ensemble ihrer Wahl neue tänzerische Ausdrucksweisen kennenzulernen, sich mit den Arbeitsweisen von renommierten Choreograf:innen auseinanderzusetzen oder als Gast an einem Tanzinstitut zu hospitieren. Dies soll dazu beitragen, ihr eigenes Bewegungsrepertoire zu erweitern und neue, individuelle Ausdrucksweisen zu finden. Der Aufenthalt dauert zwischen drei und sechs Monate und umfasst eine monatliche Zuwendung sowie die Reisekosten. Es werden bis zu vier Stipendien pro Jahr vergeben. Die Erfahrungen dieser Prozesse und ihre Arbeitsergebnisse stellen die Stipendiat:innen abschließend beim jährlichen "Meet the Fellows" in Wuppertal öffentlich vor. Die Auswahl der Stipendiat:innen erfolgt durch eine eigens zusammengestellte Jury.

      Bewerbungen:
      https://fellowship.pinabausch.org/
       

    • Mentoring-Programm

      Die Kunststiftung NRW initiierte 2017 gemeinsam mit dem Landesbüro Freie Darstellende Künste in Dortmund ein Mentoring-Programm.
      Das Mentoring-Programm richtet sich an Gruppen, Ensembles und künstlerische Kollektive in NRW, die seit mindestens fünf Jahren professionell zusammenarbeiten.

      Es ermöglicht den von einer Jury ausgewählten Gruppen, für die Dauer von ca. einem Jahr produktionsunabhängig mit Mentor:innen ihrer Wahl zusammen zu arbeiten.
      Das Mentoring dient der Vertiefung und Erweiterung bestehender Arbeitsansätze, der Weiterentwicklung des künstlerischen Profils abseits spezifischer Produktionen und der Erschließung neuer Ideenfelder.
      Zwar sind die Freien Darstellenden Künste eine stabile zweite Säule neben den traditionell etablierten Institutionen der Stadttheater. - Es mangelt aber an Förderformaten, die besondere Produktionsweisen und Methoden von Freien Künstler:innen und Gruppen berücksichtigen, wie zum Beispiel ein forschungsbasiertes, prozessorientiertes oder transdisziplinäres Arbeiten im Spannungsfeld von Theorie und Praxis.
      Als Mentor:innen kommen Expert:innen aus allen künstlerischen Bereichen, aber auch aus anderen Disziplinen wie den Wissenschaften, dem Sport, der Wirtschaft, etc. infrage.

      Die Arbeitsprozesse werden vom NRW Landesbüro begleitet und evaluiert.

      Bewerbungen:
      https://www.nrw-lfdk.de/
       

    • Postdramatisches Theater in Portraits

      Die von der Kunststiftung NRW initiierte Publikationsreihe portraitiert erstmals in Form von Monografien wegweisende Akteur:innen eines postdramatischen Theaters im deutschsprachigen Raum.

      • Postdramatisches Theater in Portraits
        Eine Publikationsreihe der Kunststiftung NRW
        im Alexander Verlag Berlin

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