Bronner Residency 2020 Musehold Zailer

Bronner Residency 2020

Tel Aviv: Thomas Musehold
Düsseldorf: Orly Zailer

Orly Zailer

Die israelische Fotografin Orly Zailer lebte und arbeitete sechs Monate im Rahmen der Bronner Residency in Düsseldorf-Reisholz.

Orly Zailer war Stipendiatin der Bronner Residency in 2020. Die 1982 in Israel geborene Künstlerin widmet sich der fotografischen Beobachtung von Menschen, ihren Beziehungen und Lebensräumen. In ihrer bekanntesten Arbeit, der Fotostrecke „The Time Elapsed Between Two Frames“, stellte sie alte Familienfotos mit den nachfolgenden Generationen stilistisch und detailgetreu nach und fragte nach den Parametern von familiärem Erbe und Individualität.

Für ihr neues Fotoprojekt wechselt sie die Perspektive. Ins Zentrum rückt sie diesmal nicht das Motiv, sondern die fotografierende Person selbst. Dafür mimt sie drei fiktive Düsseldorfer Persönlichkeiten, deren Leben beruflich und privat durch Fotografie geprägt sind. In der Rolle der drei Alter Egos Peter, Andrea und Ernst lernt Zailer die Stadt multiperspektivisch kennen: Privatdetektiv Ernst nähert sich der Stadt und ihren Bewohnern durch die fotografischen Elemente der Ermittlungsarbeit und als Hobby-Tatort-Fotograf. Peter, der im Sicherheitsservice des Museum Kunstpalast und des NRW-Forums für die Videoüberwachung verantwortlich zeichnet, erfindet in ruhigen Stunden Geschichten über die liebgewonnenen Museumsbesucher, die er in den Sicherheitsaufzeichnungen sieht. Und Hochzeitsfotografin Andrea stellt sich der nationalsozialistischen Vergangenheit ihrer Oberkasseler Familie. „Ein Teil von mir steckt in jeder meiner Figuren“, erzählt Zailer. In ihnen begegnet sie jedoch nicht nur sich selbst. Sie helfen ihr auch, die allgegenwärtige Fotografie in ihren verschiedenen beruflichen und künstlerischen Facetten zu erfassen. Wie sich die Lebensgeschichten ihrer drei Kunstfiguren entwickeln würden, stand übrigens keinesfalls von vorn herein fest. Oft sind es Zufallsfunde, die sich schicksalhaft mit der Biografie ihrer Figuren verbinden. In alten Fotografien und Familienalben – found footage, die Zailer gezielt auf Flohmärkten sucht – findet sie die Gesichter ihrer Figuren und mit ihnen ihre Familiengeschichten. Auf diese Weise entstehen fotografische Stammbäume, die ihre eigenen Tragödien und Freuden offenbaren. Manchmal ist es eine Notiz auf der Rückseite eines nostalgischen Fotos, die Zailer zur Neu- und Umformulierung der Biografien inspiriert. So verrät der Blick auf eigentlich zusammenhangslose Fotografien überraschende Schicksale.

Orly Zailers Düsseldorfer Fotonarrative verweben Fiktion und Wirklichkeit. Zur Vertiefung der Stadt- und Menschengeschichten verlässt sie sich nicht nur auf die Fotografie, sondern entwickelt Performances mit Schauspielerinnen und führt Videointerviews mit Menschen, die ihren Alter Egos auf erstaunliche Weise ähneln. Im Ergebnis ist es eine Verdichtung aus Fotografie, Text, Sound und Video, die die drei Geschichten erzählt.

Das Motiv der Zeitlichkeit, das für ihre bisherigen fotografischen Arbeiten maßgebend ist, entwickelt Zailer durch die über Generationen hinweggreifenden fiktiven Familiengeschichten auch in diesem Projekt weiter. Was Orly Zailer diesmal jedoch angeht, ist die Frage nach der Autorschaft des Fotos, die ihr konzeptueller Ansatz provoziert.

Text: Maike Beier
 

Blog von Orly Zailer >

Visuelle Kunst

Die Förderung der besonderen Vielfalt der Kunst hoher Qualität in und aus Nordrhein-Westfalen zeichnet den Bereich der Visuellen Kunst der Kunststiftung NRW aus. Dabei stehen die Konzeption und Realisierung von neuen Ideen ebenso wie nachhaltige Formate im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit.

Durch die Vergabe von Stipendien und Residenzen stärken wir freie und nachhaltige Arbeitsformen sowie die regionale und internationale Vernetzung einer lebendigen Kunstszene. Mit der Unterstützung von Produktionen, Neuproduktionen und Publikationsvorhaben, Ausstellungen und anderen Vorhaben in beispielsweise Museen, kleineren Ausstellungshäusern und Kunstvereinen fördern wir diejenigen, die sich wegweisend mit gegenwärtigen und relevanten Themen in außergewöhnlichen Formaten auseinandersetzen. Sie formen damit die Kunstlandschaft Nordrhein-Westfalens und ermöglichen ihre Weiterentwicklung. Unser besonderer Fokus liegt dabei auch auf der langfristigen Professionalisierung und Etablierung junger Kunstschaffender.
 

  • Förderung

    • Allgemeine Vorhaben

      Für allgemeine Vorhaben gilt grundsätzlich das folgende Antragsverfahren.
      Kunstschaffende am Anfang ihrer Karriere und unabhängige Projekträume können ihre Anträge über das Antragsverfahren AUFTAKT einreichen.

    • Stipendien
      • Visuelle Kunst
        Antragsverfahren
        Arbeits- und Recherchestipendien

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    • AUFTAKT

      Mit dem Förderprogramm AUFTAKT unterstützen wir die Umsetzung künstlerischer Vorhaben, Produktionen, Publikationen und vergeben Recherche-, Auslands- und Arbeitsstipendien für Kunstschaffende am Anfang ihrer Karriere. Unabhängigen Kunst- und Off-Räumen sowie kleinen Ausstellungsstätten ermöglicht AUFTAKT eine besondere Professionalisierung.

      AUFTAKT knüpft an bzw. ersetzt das Förderprogramm
      "Junge Szene".

    • Residenzen

      • Atelier Galata, Istanbul

        Die Kunststiftung NRW vergibt ein Residenzstipendium im Bereich Visuelle Kunst in Istanbul.

        Ziel des Stipendiums ist es, die Kunstszene vor Ort kennenzulernen, Kontakte zu knüpfen, Ideen auszutauschen und diese Impulse nach der Rückkehr in die jeweiligen Arbeitskontexte in Nordrhein-Westfalen einzubringen. Die Ausschreibung ist nicht alterslimitiert. Sie richtet sich an professionelle Kunstschaffende mit Lebensmittelpunkt in Nordrhein-Westfalen, die bereits öffentliche Anerkennung erfahren haben und erste Berufserfolge vorweisen können.
         

      • Bronner Residency, Tel Aviv

        Die Bronner Residency ermöglicht Kunstschaffenden aus NRW einen sechsmonatigen Aufenthalt in einem Wohnatelier in Tel Aviv.

        Ziel des Künstler:innenaustausches ist es, die jeweiligen Fragestellungen und Entwicklungen der Kunstszene vor Ort kennenzulernen, Kontakte aufzunehmen, zu vertiefen und neue Ansätze im künstlerischen Schaffen umzusetzen. Zudem möchte die Bronner Residency dazu anregen, produktionsungebunden und frei zu experimentieren. Damit tragen wir dazu bei, praktikable und faire Arbeitssituationen für Auslandsstipendien in der bildenden Kunst zu etablieren. Bereits seit 2008 unterhält die Kunststiftung NRW den bedeutenden Kulturaustausch zwischen Düsseldorf und Tel Aviv mit ihren Partnern, der Dan und Cary Bronner-Stiftung in Düsseldorf, dem Goethe-Institut Tel Aviv und den Artists’ Studios, Tel Aviv.
         

  • Förderbeispiele
    • Publikationen
      Durch Fotografie denken
      Public Fictions
      Daniela Ortiz
      Jens Ullrich
      Lisa Klosterkötter
      Daniela Georgieva

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    • Ausstellung
      Keren Cytter
      Bad Words
      Ludwig Forum, Aachen

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    • Ausstellung
      Adjustable Monuments
      Sammlung Philara, Düsseldorf
      26. Februar bis 26. Juni 2022

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    • Ausstellung
      Nimmersatt?
      Gesellschaft ohne Wachstum denken
      Kunsthalle Münster, LWL-Museum für Kunst und Kultur & Westfälischer Kunstverein

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    • Ausstellung
      Köpfe, Küsse, Kämpfe
      Nicole Eisenman und die Modernen
      Kunsthalle Bielefeld

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  • Stiftungsinitiativen
    • Kunstpreis der Kunststiftung NRW

      Mit dem Kunstpreis der Kunststiftung NRW - Nam June Paik Award zeichnen wir internationale Künstler:innen oder Kollektive aus, die mit ihren gesellschaftsrelevanten Ideen und künstlerisch herausragenden Ansätzen überzeugen.

      Die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung ist nach dem vor allem für Nordrhein-Westfalen wegweisenden Medienkünstler der ersten Stunde, Nam June Paik, benannt und wurde erstmals 2002 vergeben.
       

    • Residence NRW+

      Stipendien für bildende Künstler:innen und Kurator:innen an einem gemeinsamen Residenzort in Münster

      Gemeinsam mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen fördert die Kunststiftung NRW die Residence NRW+, ein Programm für besonders begabte junge Kunstschaffende der bildenden Gegenwartskunst.
      Pro Jahr werden vier zwölfmonatige Stipendien in Höhe von 1.450 Euro für bildende Künstler:innen bis zu einem Alter von 40 Jahren aus NRW oder mit NRW-Bezug sowie vier sechsmonatige Stipendien für Kurator:innen vergeben. Der Residenzort bietet Räume zum Leben und Arbeiten. Über die Stipendienvergabe entscheiden wechselnde Fachgremien. Das Stipendienprogramm ist an die Kunsthalle Münster angegliedert.

      Zum Bewerbungsverfahren:
      https://www.residencenrw.de/de/ausschreibung/